Montag, 27. August 2018

"Machen wir's uns gemütlich!" - "Let's make ourselves comfortable!"

Eine "kleine" Geschichte des Wohnzimmers -  

A "short" story of the living room in the dollhouse"

 

 Teil 1 1930 bis 1954  -  Part 1 1930 to 1954


Nach dem Ersten Weltkrieg entwickelte sich der Möbelstil einer modebewussten Minderheit in Richtung "Neue Sachlichkeit". Geometrische Formen, praktische Anbaumöbel und wenige Ornamente waren der Kontrast zum überladenen Stil der Gründerzeit. Am bekanntesten sind heute noch die Gestalter des Bauhauses und ihre Stahlrohrmöbel. 

Der allergrößte Teil der Bevölkerung lebte jedoch in den nur leicht veränderten Möbeln der Jahrhundertwende, d.h. im Stil eines gemäßigten Historismus, und auch die Wohlhabenderen  hielten  die neuen sachlichen Inneneinrichtungen für kalt und ungemütlich.


1930 Mein Eigenheim
Sofagarnitur eines Wohnzimmers. Streifenmuster. Über dem Sofa ein Bild.

After the First World War, the furniture style of a fashion-conscious minority developed in the direction of "New Objectivity". Geometric shapes, modular systems and few ornaments were the contrast to the overloaded style of the Wilhelminian era. Today the best known designers are the ones of the Bauhaus movement and their celebrated tubular steel furniture. However, the vast majority of the population lived in the only slightly altered furniture pieces from the turn of the century, and even the more well-off people considered the new Bauhaus interiors cold and uncomfortable. 


1930er Sessel von Paul Hübsch
Die zwei Armlehnenformen der Sessel - spitz und rund - sieht man genauso auch im Karstadt-Katalog von 1935


1935 Karstadt Polstersessel
Gemusterte Stoffe, gestreift oder kariert. Armlehnen gerundet oder spitz

1930s armchairs by Paul Hübsch. The two armrest shapes of the armchairs - pointed and round - can also be seen in the Karstadt catalog from 1935.


1930er Jahre Paul-Hübsch-Puppenmöbel 
aus "Traumwelten der Fünfziger Jahre"

1930s Paul Hübsch doll furniture

1935 Kaffeetrinken im Wohnzimmer. Über dem Sofa darf ein großes gerahmtes Bild nicht fehlen.
1935 Drinking coffee in the living room.
Typical: above the sofa is a large framed picture 
 


1932 Mein Eigenheim
Werbung: "Tapeten für den modernen Menschen"
Die Wände sind kahl und ohne Bilder. 
Auch die Möblierung ist karg und wirkt noch strenger durch die Stahlrohrmöbel:
 ein Tisch mit zwei Freischwingersesseln

Der Bauhausstil konnte sich nach 1933 nur außerhalb Deutschlands weiterentwickeln,
 z.B. in den USA, wo auch Marcel Breuer, 
Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe arbeiteten.

Advertising: "Wallpaper for modern man".
 The walls are bare and without pictures. 
The furnishing is sparse and even more severe by the tubular steel furniture: 
a table with two cantilever armchairs. 
After 1933 The Bauhaus style could only evolve outside Germany,
 e.g. in the USA, where also Marcel Breuer,
 Walter Gropius and Ludwig Mies van der Rohe worked. 
 


Aus der Sammlung  Bruchsal:
1939 Hermann Rülke
Stahlrohrmöbel im Bauhaustil aus der Vorkriegszeit
Pre-war Tubular Steel furniture - >Bauhaus style
Die Firma Hermann Rülke überrascht hier mit einem Miniaturwohnzimmer, das man im Jahr 1939 nicht erwartet hätte. 
Miniature furniture made by Hermann Rülke surprisingly as late as 1939.

Denn in den 30er Jahren war im nationalsozialistischen Deutschland die bevorzugte Stilrichtung im Wohnzimmer neo-klassisch und auch eher schmucklos. Der Bauhausstil wurde abgelehnt.
For in the 1930s, the preferred style in the living room was neo-classical in Nazi Germany.
The Bauhaus style was rejected. 
 "We want simplicity, but not primitiveness."
Quote from German Hausschatz 1938  
 


1938 Deutsches Wohnen, in: Deutscher Hausschatz

"Wie sieht es überhaupt mit unserer Wohnkultur der letzten Jahrzehnte aus?
 Trotz aller Errungenschaften der modernen Technik leider recht traurig, 
 muß man sich eingestehen, 
wenn man besonders an den entsetzlich schwülstigen Jugendstil um die Jahrhundertwende denkt,
 der geradezu im Gegensatz zu dem letzten echten deutschen Stil, 
dem klaren, schlichten Biedermeier, steht. 
Doch schon vor dem Weltkrieg und besonders in den zwanziger Jahren
 trat glücklicherweise in der Form der Möbel eine wesentliche Besserung ein: 
Die allzu vielen Verzierungen verschwanden, und die
Formen wurden wieder schlichter und klarer gegliedert.

Allerdings schoß man nun auch wieder über das Ziel hinaus;
 in dem Bestreben, alles möglichst 'rationell' zu gestalten, 
waren bei manchen Architekten um 1930 nur mehr fast leere Zimmer
 mit kahlen Wänden und einigen Stahlmöbeln übriggeblieben. 
Vom Standpunkt des Reinmachens aus ja ganz bequem,
 aber ein 'Heim' stellt eine solcherart eingerichtete Wohnung wirklich nicht dar."

"Wir wollen Einfachheit, aber keine gesuchte Primitivität."

Alles Zitate aus Deutscher Hausschatz 1938



1938 Ein Mädel will heiraten:
1938 A girl wants to marry: What is needed to set up a micro-apartment ...

Was zur Einrichtung einer Kleinstwohnung nötig ist...

Möbel: Wohnküche bestehend aus Küchenschrank, Tisch und Kommode, Ruhebank mit Kissen und 2 Stühlen, RM 290,-  (plus Schlafzimmer 345,- = 635,- RM)

Oder - wenn man etwas mehr anwenden kann:
Wohn-Schlafzimmer bestehend aus 2 Schlafsofas mit Bettkasten, 
Kleider- und Wäscheschrank, kleinem Schreibschrank, Tisch und 2 Stühlen 570,-
(plus Küche 150,- = 720, - RM)

Vorhänge (6m Vorhangstoff), Teppiche (2 Vorleger), Lampen (4 insg.) 39,- RM

Ausstattung für 3000 Mark, mit Wohn-Esszimmer mit kombiniertem Geschirr- und Bücherschrank, Schreibtisch, Ausziehtisch, 4 Stühle mit Polster, Schreibtischsessel, Liege, Nähtisch
Ergänzungsmöbel: großer Polstersessel (120 RM), Stehlampe (30 RM), Teewagen (20 RM), einen Satz Tische (40 RM), Rundfunkgerät (150 RM)




 Nach dem Zweiten Weltkrieg war die einst führende Rolle Deutschlands auf dem Gebiet der Möbelentwicklung völlig gebrochen. 
Die Ideen der Zwanziger Jahre waren inzwischen durch die vielen, 
die Deutschland verließen oder verlassen mussten,
 in den USA weiterentwickelt worden.
Eine wichtige Rolle spielten jetzt die nordischen Länder Europas.
Deutschland musste neu Anschluss gewinnen und 
das gelang auf einigen Gebieten erstaunlich rasch. 
Zum Beispiel im Möbelentwurf:
hier wurde klar die Systembauweise bevorzugt.
Der internationale Anschluss bedeutete auch, 
dass dem sogenannten Internationalen Stil gefolgt wurde.
Doch zunächst blieb man noch in der Formensprache 
der Vorkriegsjahre und suchte den neuen Stil.
After the Second World War, 
Germany's once leading role in the field of furniture development 
was completely broken. 
The ideas of the twenties had meanwhile been further developed in the USA
 by the many who left or had to leave Germany.
An important role was played now by the Nordic countries of Europe.
 Germany had to gain new connections and succeeded in some areas surprisingly quickly.
 For example in furniture design: Here, the modular design was clearly preferred.
But in the beginning the design of the pre-war years prevailed.


1950 Hermann Rülke, DDR
Ein Wohnzimmer, das sehr wuchtig und schwer wirkt,
 trotz des hellen Holzes. Ein mit Schnitzereien verziertes schweres Buffet steht im Mittelpunkt.

In meinem Foto habe ich eine etwas andere Sofagarnitur gebildet als das Katalogfoto vorgibt, 
weil ich die niedrigen Polstermöbel zu dem Beistelltisch gestellt habe. 
Aber so war es damals gar nicht üblich. 
Der hohe Tisch steht immer noch vor dem Sofa, 
obwohl das doch sehr unpraktisch gewesen sein muss. 
In dieser kleineren Variante des Wohnzimmers gibt es keine Polstersessel.
Wie soll man es sich denn hier gemütlich machen?
A living room that looks very heavy, despite the light colour.
There are no armchairs in the smaller version of the living room,
 see catalogue photo below.
How was you supposed to make yourself comfortable here?
 





1950 Hermann Rülke, DDR
 
Hier sind kaum Verzierungen zu sehen, 
mit Ausnahme der leicht gebogenen Schrank- und Tischbeine, 
und durch die Verwendung von hellerem Holz und niedrigeren Schränken 
erzielt man eine aufgelockerte Wirkung.
Die Glasplatte auf dem Beistelltisch rechts hat ein Loch in der Mitte
 und ist nur lose aufgelegt.
 Es handelt sich um ein sogenanntes Rauchertischchen,
 auf das der Herr alle Utensilien zum Rauchen ablegen konnte. 
Damit die Holzoberfläche nicht beschädigt wurde, 
war die Oberfläche dieser Tische oft aus Metall, hier sehr elegant aus Glas.

This German livingroom is a complete set.
  Note the warm wooden colour and the wonderful craftsmanship. 
The small table is covered by a  glass plate. 
Formerly there were special tables designed for smokers 
where you could lay down your smoking accessories
 without the risk of burning the table.
 They often had a metal surface, here it is glass.

Schon hier sehen wir also zwei Möbelstile, 
zwei Einrichtungsmöglichkeiten, aus denen man wählen konnte. 
Im selben Katalog gab es noch weitere Wohnzimmer, 
von denen die meisten dem ersten wuchtigen Stil ähneln.
Already we see two furnishing options: light and heavy.




 
1952 Wilhelm Hergenröther, Nürnberg
Stahlrohrmöbel
"Moderne Puppenmöbel, elegante Clubgarnitur, 
Couch und Sessel sind mit abwaschbaren Plastikstoffen bezogen."

Die westdeutsche Puppenmöbel-Firma übernimmt zwei Jahre später 
den Bauhausstil der Zwanziger Jahre.
 Beispiele dafür finden sich auch in westdeutschen Wohnzeitschriften und Einrichtungsratgebern.
"Modern doll furniture, elegant club set, couch and
 armchair are upholstered with washable plastic."
 The West German doll furniture company takes over
 the Bauhaus style of the twenties two years later. 
 


1951 "Wohnungen gut eingerichtet"
 
 

 
1952

hat auch diese Erna-Meyer-Puppenfamilie ein Wohnzimmer in der eleganten Variante des Bauhausstils...
In 1952
this Erna Meyer doll family also had a living room with elegant tubular steel furniture ...


... während im selben Jahr das Caco-Familienleben 
in einer altmodischen und wuchtigen Wohnzimmereinrichtung stattfindet.
  ... while in the same year the Caco family life takes place
 in old-fashioned and massive living room furniture.
 
 


1954 Crailsheimer Wohnzimmer
in einfacher Ausführung, aber modernem Stil,
 d.h. Sessel ohne Lehnen, in drei verschiedenen Farben,
 Schrank und Tisch in hellem Holz,
 und natürlich ein Gummibaum.
A Crailsheimer living room in a simple but modern style, 
armchairs without armrests, three different colours, 
cabinet and table in light wood, and of course a rubber tree. 


 
1954 "Wir richten unsere Wohnung ein"
 Sesseldesign

In den Einrichtungsratgebern dieser Zeit findet man viele Tipps für das Wohnen auf engem Raum.
In the furnishing manuals of this time you get many tips for living in small rooms.



Hier eine Kammer für einen jungen Mann, 
die platzsparend mit Klappbett, Klapptisch und Klappstuhl ausgestattet ist.
Es gab wenig Wohnraum und meist kleine Räume. 
Deshalb kam es zu einer neuen "Mobilität", 
z.B. durch wegklappbare Tischplatten, ausziehbare Betten oder Schlafcouchen.
In dieser Zeit der Zuzugsgenehmigungen, Wohnraumbewirtschaftung
 und der sozialen Wohnungsbauprogramme empfiehlt 1953 
die Gewobag Frankfurt a.M. für Kleinwohnungen 
des sozialen Wohnungsbaus zur Raumgewinnung eine zweckmäßige Einrichtung:
Einbaumöbel, Ausnutzung des toten Raumes,
 z.B. in Zimmerecken, keine schweren Stilmöbel. 
Nichts übermäßig Schweres, Dunkles, Unruhiges, das die Harmonie stört.
 Man soll vermeiden, die Räume mit Möbeln vollzustellen, die keinen Zweck erfüllen.
 
1953 Richtig Wohnen helfen. Versuch einer Lösung. Hg. Hans Kampffmeyer, Reinhold Tarnow. Hamburg

Here is a chamber for a young man, 
which is space-saving equipped with folding bed, folding table and folding chair.
The post war apartments were small. 
Therefore, a new "mobility" was necessary, 
e.g. with fold-away table tops, pull-out beds or sofa beds, built-in furniture, use of dead space, 
e.g. in room corners. It was recommended by housing associations 
to avoid filling the rooms with furniture that served no purpose.
 


1954 Von Jahr zu Jahr (DDR) - East Germany
 Hier wohnen zwei glückliche Menschen


Eine Ein-Raum-Wohnung, 
die als Wohn-Schlaf-Arbeits-Musikzimmer für zwei Personen, einschließlich Küche, dient. 
Here live two happy people
A one-room apartment that serves as a combined living room, 
bedroom, study, music room for two people, including a kitchen.





Teil 2   DDR 1953 bis 1957 

Die Formalismus-Debatte in der DDR

Part 2  East-Germany  1953 to 1957
The Formalism Debate in East-Germany 

Besser leben - schöner wohnen, S.15

Die DDR erlebte ab 1950 eine von der SED inszenierte Antimoderne-Kampagne, 
in der Funktionalismus und Bauhausstil als volksfremd und dekadent bezeichnet wurden.
Wie auch in der Architektur wurde nun im Bereich der Innenarchitektur 
ein ideologischer Kampf gegen den Formalismus geführt.
Der gelernte Möbeltischler Walter Ulbricht versuchte mit Hilfe der Deutschen Bauakademie seinen persönlichen Geschmack als fortschrittliche Wohnkultur durchzusetzen. Der Staat konnte die Richtung der Designentwicklung in der Planwirtschaft diktieren und so wurde einige Jahre versucht, den geforderten Möbelstil auf den Markt zu bringen.
Dabei hatte man schon zu Beginn der Fünfziger mit der Serienfertigung moderner Typenmöbel begonnen, die außer der Flexibilität auch den Vorteil der niedrigeren Produktionskosten hatten.

  *1
1954

Since 1950 East-Germany experienced an anti-modern campaign staged by the SED, the leading socialist party, in which functionalism and Bauhaus style were described as alien and decadent. As in architecture, an ideological fight against formalism in interior design started. 
The party was able to dictate the direction of design development in this planned economy, and several years they tried to bring a traditional style of furniture to market.
 This was really strange as at the beginning of the fifties,
 mass production of modern types of furniture had also started, which, in addition to flexibility, 
also had the advantage of lower production costs.

 

Abb. 87. Arbeitszimmer, Bücherschrank
Entwurf und Hersteller VEB Ostthüringer Möbelwerke, Zeulenroda, Nussbaum dunkel gebeizt.
 
"... Anlehnung an die Renaissance unverkennbar. 
Die Formen wurden allerdings mehr übernommen als bewußt weiterentwickelt... 
Die Details, Profile und Schnitzereien sind gut. ... 
In der Gesamtwirkung bildet das Zimmer die Grundlage für eine Weiterentwicklung." 
Besser leben - schöner wohnen, S.88 

Die Ausstellung "Besser leben - schöner wohnen" 1953 in Berlin 
sollte zeigen, was sich die Partei unter schönen Möbeln vorstellte. Im Unterschied zu den "Mitunter primitiven Möbelformen, die jede Beziehung zu unseren nationalen Traditionen vermissen lassen."

The exhibition "Living better - living more beautiful" 1953 in Berlin was arranged to show what the party meant by "beautiful furniture". In contrast to the "sometimes primitive furniture design, which miss any relationship to our national traditions."
The photos are from the exhibition book and present acceptable furniture designs. Every design is commented critically though. 

But how should a socialist design look in fact?
Neither the party nor this book could give a clear answer to this question.
The economic pressure solved the problem during the next few years.
The traditional crafted design was much too expensive to produce and the people needed new furniture very urgently. By and by the functional design, presented by variable furniture systems, conquered the market, along with a typical fifties design, including kidney-shaped tables and other stream-lined forms, pastel colours and strong contrasts.

The East-German dollhouse furniture of around 1955 is very traditional and shows no sign of the fifties design - perhaps they followed the party's directions as well?

 

Ausstellung Abb. 75
Wohnzimmer VEB Büromöbelfabrik Neugersdorf, Ausführung in Nussbaum, natur mattiert
"Dieses Zimmer zeigt im Detail schon Ansätze zur Verarbeitung des kulturellen Erbes, wie in der gedrehten Fußausbildung, den verglasten mittleren Sprossentüren und auch in der Profilierung."
S.77

 
Im Begleitbuch zur Ausstellung wird schonungslos mit dem verhassten Bauhausstil abgerechnet.

Prof. Dr. Kurt Liebknecht, Präsident der Deutschen Bauakademie, schreibt:
"Die betonte Primitivität, die wir oft in den ausdruckslosen Innenräumen der Wohnungen von Industrie- und Bankherren feststellen können,
 ist in Wirklichkeit der Versuch dieser Herren,
 hinter dieser Schlichtheit die Fratze ihres Ausbeutergesichtes zu verbergen." 
S. 15
 
"Eine Lampe in Form eines Doppeltrichters zeigt 
die völlige Entartung auf diesem Gebiete"
S.16
 
"Während die bisher gezeigten Beispiele in voller Nacktheit die unmenschlichen Tendenzen des Formalismus zur Schau bringen, 
möchte ich an einigen Beispielen zeigen, dass diese Tendenzen,
 zwar etwas verdeckter, auch heute noch bei uns lebendig sind."
S.16



 Diese Entwicklung wirft einige Fragen auf, zum Beispiel:
Wie sollte ein sozialistisches Wohnzimmer eigentlich aussehen?
Das Ausstellungsheft gibt keine Antwort. 

Warum war der Bauhausstil der Partei so verhasst?
Ein Grund dafür war, dass einige Baushaus-Künstler
 in den 1930/40er-Jahren in den USA weitergearbeitet hatten 
und deshalb als dekadent und kapitalistisch galten.


Abb. 80. Wohn- und Arbeitszimmer, Birnbaum
Hersteller VEB Eilenburg



 
Abb. 81 Wohn- und Arbeitszimmer, Nußbaum, natur mattiert, Hersteller VEB Eilenburg

"In diesem Entwurf (Abb. 80 und 81) wurden Elemente des deutschen Klassizismus
 kritisch verarbeitet, was sowohl in der Gesamtkonzeption wie and den Details (Profilierung und Intarsienrosetten) erkennbar ist."
S. 82

Um diese Zeit wurden natürlich auch Puppenmöbel hergestellt, 
die meist sehr altmodisch wirken. Ohne Hintergrundwissen meint man, 
dass die Entwicklung im Ostteil Deutschlands 
wegen der hohen wirtschaftlichen Belastungen eben langsamer voran schritt
 und dass das Design deshalb so altertümlich wirkt.
 Denn in Westdeutschland glänzte zur selben Zeit 
zum Beispiel Crailsheimer mit neuen Schrankformen für das Wohnzimmer.

Aber vielleicht war auch das Puppenmöbeldesign angepasst an die staatlich vorgegebene Mode?



1954 Edmund Müller
Schränke im alten Stil, wuchtige Sitzmöbel, handwerklich sehr aufwendig verarbeitet






ebenfalls 1954 Edmund Müller


1955 EMS
(Sammlung Gronau)


1955 EMS Wohnzimmer, behäbiger Wohnstil, Sofaliege



1955 Hermann Rülke, DDR, traditionelles Wohnzimmer



nach 1955 EMS
(Evas Sammlung)


Laut der Deutschen Bauakademie (DDR) sollte die Wohnung einen repräsentativen Charakter haben.
"Der Weg von der Garderobe über die Diele ins Wohnzimmer
(und von dort eventuell in ein weiteres Zimmer) 
soll sich dem Besucher als eine abwechslungsreiche Folge
 schön proportionierter Räume darstellen."
Diese Idealvorstellung wurde anfangs in den Wohnungen 
der als Sonderbauvorhaben projektierten Neubauten tatsächlich verwirklicht.
 Wohnungen mit großzügigem Zuschnitt und großzügiger Stockwerkshöhe, 
mit geräumiger Diele und repräsentativen zweiflügeligen Glastüren ins Wohnzimmer entstanden. 
Bis Mitte der Fünfziger findet man eine sehr solide Ausbauqualität auf traditionellen handwerklichen Grundlagen.
 Dann machte der Kostendruck dieser Bauweise ein Ende.


Kehrtwende in der zweiten Hälfte der Fünfziger

" Besser, billiger und schneller bauen "

1954 wurden vom Ministerrat der DDR
 "Grundsätze zur Entwicklung einer 'realistischen' Wohnkultur" beschlossen - 
aber von den meisten Möbelherstellern und Designern wurden sie nicht mehr beachtet.
 Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren entscheidend, 
Massenproduktion von Konsumgütern war die einzige Lösung,
 eine auf Handwerk und Traditionen basierendes Design war in der Herstellung viel zu teuer.
 So setzten sich in der Praxis auch international erfolgreiche funktionale Möbel durch, 
aber auch -  einige Jahre später als im Westen - eine gemäßigte Nierentisch-Mode.

Dies kann man auch in der seit 1956 herausgegebenen Wohnzeitschrift "Kultur im Heim" verfolgen. 
Auch wenn einige staatliche Stellen, wie das Ostberliner Institut für angewandte Kunst, 
versuchten gegenzusteuern und 1957 über "Leuchten, geformt wie Fliegenklatschen" schimpften.
"Kultur im Heim" berichtete stattdessen über westeuropäisches Möbeldesign
 und lobte die Entwürfe, die kurz vorher noch als dekadent galten.
 
Die Moderne war wieder im DDR-Design angekommen.
Man baute jetzt nicht mehr nur die schwerfälligen,
 teuren Einzelmöbel sondern auch die von Ulbrecht als formalistisch bezeichneten Anbaumöbel, angelehnt am Bauhausdesign. Es wurde aber ein neuer Name dafür gefunden: Aufbaumöbel.
 
 Der während der Fomalismusdebatte heftig beschimpfte VEB Deutsche Werkstätten Hellerau 
zeigte sie zum ersten Mal auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1957. 
Das Design erwies sich als zeitlos. 
Die Möbel sind heute sehr begehrt.
 
 
1957 entwarf Franz Ehrlich den Möbeltypensatz „602“ für die Deutschen Werkstätten Hellerau
(Lewitzky, Meine Wohnung, Berlin: VEB Verlag für Bauwesen 1966)


*1
"Vorwort
Das Forschungsinstitut für Innenarchitektur der Deutschen Bauakademie hat mit der Innenarchitekturkonferenz, die am 17. November 1953 im Haus der Ministerien in Berlin durchgeführt wurde, den Meinungsstreit über die Frage des Realismus und Formalismus in der Innenarchitektur und der Möbelkunst in den Vordergrund gerückt. In Verbindung mit dieser Konferenz stand die Ausstellung "Besser leben - schöner wohnen" (Raum und Möbel), die von 15. November bis 29. November 1953 in Berlin stattgefunden hat. Das gemeinsame Ringen um die Probleme einer fortschrittlichen, nationalen Wohnkultur, die den geistigen soweie den materiellen Lebensnotwendigkeiten der Werktätigen entspricht, ist der Ausdruck unseres Kampfes gegen den Kulturzerstörenden Formalismus."



Teil 3    1955 bis 1958  Endlich Nierentische!

Part 3    1955 to 1958  Kidney shaped tables at last!



"Kombinierte Schränke erfreuen sich steigender Beliebtheit!"
1955
Neckermann-Wohnzimmer
mit dunklen schweren Möbeln, die aber als "praktisch, raumsparend,
 vielseitig verwendbar" angepriesen werden.

Aus der Beschreibung:
 Kombi-Schrank, zerlegbar, mit herausziehbarem Kleiderbügelhalter.
Vitrinenglas mit goldfarbenem Zierschliff im Rautenmuster,
Türen mit schönem Beschlag,
linkes Schrankteil zur Unterbringung von Wäsche besonders geeignet.
Mittelteil für Bücher, Porzellan und Kristall.

Andere Schränke sind mit goldfarbenen Zierleisten,
Zierkerben und Glas mit Goldrillenschliff dekoriert.

1955 German mail order catalogue,
showing a living room with dark heavy furniture 
but described as "practical, space-saving, versatile". 
The two cabinets are called "combination cabinet":
 assembled, with pull-out hanger holder. 
Showcase glass with gold-colored decorative cut in diamond pattern, 
 doors with beautiful fittings, left cabinet section particularly suitable for storing laundry. 
Middle section for books, porcelain and crystal glassware.
 


1957 Crailsheimer Puppenwohnzimmer,
auch in dunklem Holz mit voluminösen Schrank.

Der Wohnzimmer-Kombischrank war laut Johanna Schmidt-Grohe 
die unsinnigste Möbelschöpfung dieser Zeit,
 denn alle Fächer waren zu klein, um wirklich etwas unterzubringen,
"aber das gläserne Mittelfach, in dem das chronische Porzellanreh 
im Verein mit Likörgläschen, Mokkatäßchen 
und ein paar ornamental angeordneten Bänden aus der Büchergilde
 ihr ungelebtes Dasein fristen, scheint unausrottbares Statussymbol
 'bürgerlicher Wohnkultur' zu sein."

Johanna Schmidt-Grohe: Gute Stube oder Living-room? 
In: Klöcker, Johann [Hrsg.]. Zeitgemäße Form : Industrial Design International. München: Süddt. Verl., 1967. S.115-118





Die Couchtische kann man in der Höhe verstellen:
ein "Allzwecktisch".
In der Höhe von 67 cm als "idealer Couch-, Spiel-, Schach- oder Lesetisch.
In den Zwischenstellungen ein Schreibtisch für die Kinder und
in der höchsten Stellung (77 cm) ein normaler Eßtisch."

Das Crailsheimer-Wohnzimmer zeigt genau die Couchtischform 
wie im Neckermann-Katalog von 1955 beschrieben, doch in der Miniaturform lässt er sich nicht verstellen.

In the mail order catalogue of 1955 the coffee tables can be adjusted in the height, 
an "all-purpose table".
The height of 67 cm came as the "ideal couch, play, chess or reading table.
In the intermediate positions it was a desk for the children and in the highest position (77 cm) a normal dining table."

1955 Neckermann


Auf der nächsten Seite des Neckermann-Katalogs sind auch Anbaumöbel.
Die Auswahl wurde wohl seit dem letzten Katalog erweitert, d.h. "Sie haben daher immer mehr Möglichkeiten, Ihr Heim auch bei beschränktem Raum zweckmäßig und modern auszustatten."
Der "Eckschrank bringt eine geschmackvolle Ausnutzung des Raumwinkels..."

 

Ich kenne nur wenige Puppenwohnzimmer mit Anbaumöbeln,
eines steht im
Puppenstubenmuseum der 30er und 50er Jahre - Jakobsweiler

 Hergestellt wurde es vermutlich von Fritz Altmann,
denn seine Einbauküchen aus dieser Zeit sehen ähnlich aus.

On the next page: early built in furniture.
The cabinets were meant to store laundry, glass, porcelain, books, and files. 
They also include a wardrobe with a coat rack and a smoking table (with a scratch-resistant plate in a tile pattern).
Built-in cabinets for a living room are very rare in dollhouses of that time. One example is the room shown above, probably made by Fritz Altmann

In den Anbauschränken des Wohnzimmers sollten Wäsche, 
Glas, Porzellan, Bücher und Akten aufbewahrt werden. 
Zu den Schränken gehört auch ein Kleiderschrank mit Garderobenstange,
 ein Rauchtisch (mit kratzfester Platte im Kachelmuster), 
eine Lesekrippe (nicht nur für griffbereite Bücher und Zeitschriften, 
auch zum Abstellen von Gläsern oder Aschenbechern.)



"Neuzeitlicher Wohnstil - zweckmäßig und schön."
Schalenform und Palettenform


"Die Reihe meiner modernen Polstermöbel erweitere ich durch die Aufnahme dieses Schalensessels, 
der sich neben seiner Formschönheit besonders durch besondere Bequemlichkeit auszeichnet" -
"apart gemustert".
Der Couchtisch passt sich laut Katalog in seiner "Palettenform" besonders gut der Schalenform an.
Die Kanten sind mit vermessingten Ziernägeln beschlagen.

Die Fünfziger liebten neue Materialien und waren sie nicht neu, 
so wurden sie neu verarbeitet:
Holz, gebogen, verleimt und gepresst,
Metall in jeder Profilform und Lackierung, gestanzt, gelocht, 
gebogen und/oder goldfarben eloxiert.

Die Möbel waren gerne schrägbeinig - denn Diagonalen bedeuteten Spannung.


"Modern style of living - functional and beautiful."
"The range of my modern upholstered furniture I extend by the inclusion of this shell chair, which distinguishes itself in addition to its beauty of form particularly by special comfort".

The coffee table adapts very well to the shape of the shell chair in its "pallet shape". 

The Fifties loved new materials - and if they were not new, they were re-processed: 
wood, it was bent, glued and pressed,
 metal came in any profile shape and paint, punched, bent, and gold anodized.
Furniture legs were often diagonal, because that meant tension.



1955 Walter Hennig, BRD
Ein überraschend modernes Wohnzimmer mit Anbaumöbeln in hellem Holz - seiner Zeit weit voraus, sogar schon mit Nierentisch, leichtem Polstermöbeldesign und geschwungener eleganter Stehlampe.

Der Nierentisch - er steht leichtfüßig und ein wenig wackelig auf seinen drei Beinen zwischen den rundlichen und pausbäckigen Sesseln der 50er bis er vom rechten Winkel der folgenden Jahre weggefegt wird.

The kidney table - he stands light-footed and a little shaky on his three legs between the round and chubby armchairs of the 50s until he is swept away by the right angle of the following years.



1955-1960
Walter Hennig, Anbaumöbel, pastellfarbener dreieckiger Tisch




1957 Walter Hennig
Schalenstühle, Sprossenstühle, Schwedenregal
Modern living room with shell chairs, spindle back chairs and "Sweden shelf".




1956 Walter Hennig "Schwedenregal"
"Sweden shelf"


1955 Brigitte


Während es in den Zwanziger Jahren in Bauhaus-Wohnzimmern zu einer radikalen Entrümpelung des Interieurs kam, wirkt die bekannteste Designausprägung der Fünfziger Jahre wie eine Gegenbewegung:
die Rettung der Gemütlichkeit,
oder auch "Die gepolsterte Moderne" waren Namen für die Nierentisch-Ästhetik.
Weiche Clubsessel, geschwungene Tische - ein fröhlicher Stil, der das Schwebende, das Leichte, das Losgelöste suchte. Die geometrische Präzision wurde durch Heiterkeit und Beschwingtheit ersetzt.

While in the 1920s the Bauhaus style radically cleared out the interior, the fifties design often came as a counter-movement - 
the "Rescue of coziness" or "The Padded Modernity"
were names for the kidney-table aesthetics.
Soft club chairs and curved tables - a cheerful style that replaced Geometric precision.


 
1957 Crailsheimer Wohnzimmer
mit asymmetrischen Elementen, abstrakter Verzierung, Sessel mit durchbrochenen Lehnen aus dem modernen Material Plastik.
1957 Crailsheimer living room
with asymmetrical elements, abstract decoration and armchairs with open-worked backrests made of the modern material plastic.

1957 Karstadt Prospekt mit den Puppenmöbeln


1961 Konsum-Katalog, BRD
Schlafcouchen und Sessel mit teilweise gefüllten Lehnen
West-German mail order catalog with sofa beds with partially filled backrests


Privatfoto mit Sesseln mit durchbrochenen Lehnen.
Private photo with armchairs open-worked backrests.



1957 BRD
Ganz moderne Sitzecke - das Sideboard mit dem starken Hell-Dunkel-Kontrast ähnelt sehr dem folgenden Wohnzimmerset. 
1957 West-German modern furniture.

The design of the cabinets is similar to the Crailsheimer ones below.


1957 Crailsheimer Puppenmöbel



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East German nationally-owned VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld
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"Ekalit, the durable plastic from Bitterfeld brings a lively freshness of modern elegance
 to any well-kept home. Curtains, decorative and tablecloth film,
 furniture and floor coverings in many colors and designs."
 



Wichtelmarke Puppenmöbel von Ende Fünfziger Jahre -
geschwungenes und leichtes Design, Holzkontraste, flotter Bezugsstoff.
Die Designer in der DDR holten trotz der politischen Schwierigkeiten 
schnell auf und zeigen die neuen Formen auch in Puppenstuben.
The designers in East-Germany caught up very quickly
 despite the political difficulties and show the new forms in dollhouses, too.




1957 Kultur im Heim
Sitzgruppe mit verschiedenen Polstermöbeln



Wichtelmarke, drei Schalensessel-Designs
Wichtelmarke, three shell armchair designs




Wichtelmarke
 Bezugsstoffe in modernen Mustern, hier japanische Schriftzeichen, drei verschiedene Farben, asymmetrischer Tisch.

"Farbe ist Trumpf - auch bei Sitzmöbeln"
1957 Kultur im Heim
 
Wichtelmarke, fabrics in modern patterns, such as Japanese characters, three different colors, asymmetric table.



1957 Kultur im Heim
Sitzgruppe mit Polstermöbeln in drei Farben, Cocktailsessel, Gummibaum
Seating with upholstered furniture in three colors, cocktail chairs, rubber tree

 "Wo bekommt man moderne Möbel? 
In letzter Zeit allerdings häufen sich die Anfragen aus dem Leserkreis, 
wo es denn die schönen Möbel zu kaufen gäbe, 
von denen jeweils berichtet werde. 
Ein Blick in unsere Möbelgeschäfte bestätigt leider die Diskrepanz zwischen dem Bildteil unserer Zeitschrift und der Praxis."
Laut der Wohnzeitschrift stehen in den Möbelgeschäften 
nur die altbewährten Standardmuster zum Verkauf,
 nicht das Neueste auf dem Möbelmarkt, 
die Betriebe hängen an ihrer Planerfüllung.

1957 Kultur im Heim Heft 4, S. 9     

Ende der Fünfziger - ab ungefähr 1957 - änderte sich das Design beim
Puppenmöbelhersteller EMS grundlegend:
war es vorher in seiner Behäbigkeit noch fest in den Dreißiger Jahren verankert,
 sprudelte es plötzlich vor extravaganten Formen und Farben.


1958 EMS
contrasting light and dark wood, asymmetry, long handles, upholstery without armrests

Die geschwungene Linie, ein Markenzeichen der Zeit, 
sei es in den ausgreifenden Hüten, im Pferdeschwanz, in den Haartollen, 
aber auch in Gestalt der Sexbomben und ihrer Schmollmünder,
 im Design der Kinderwagen, Kühlschränke, 
in den Messingzierleisten bis zu den diagonal-bauchigen Schriftzügen der Werbung.
Die Stromlinienform der 1930er Jahre wurde übernommen.



1959 Zeit im Bild
Paar auf moderner geschwungener Couch. 
Auch der Beistelltisch und der Teppich 
weisen geschwungene und asymmetrische Linien auf.

The curved line,
a trademark of the time, is that in broad hats, in the ponytail, in the hair rollers, but also in the form of sex bombs and their pouts, in the design of the stroller, refrigerators, in the brass trim up to the diagonal-bulbous lettering of the advertisings. 
Everywhere the streamlined form of the 1930s was adopted.


Teil 4    1959 bis 1963

Von der geschwungenen Linie zum rechten Winkel 

Part 4   1959 to 1963 

From the curved line to the right angle


1959 Walter Hennig Werbung
 



Modernes Wohnzimmer mit Fledermaussessel,
Metalltisch, Musikschrank, Raumleuchte und Schrank mit schrägen Beinen.
Modern living room with Hardoy butterfly chair and metal table.
 



Fledermaussessel - Hardoy butterfly chair
In: 1957 Constanze Heft 10
Einrichtungstipp Dachgeschoss





1960 Crailsheimer Wohnzimmer
Holzschränke, -tisch und Plastiksessel kombiniert
Livingroom set
Wood and plastic combined 
 



1956 Werbung mit Schalensessel
shell chair 
 



1960 Crailsheimer Wohnzimmer
Werbung Karstadt




 
1958 Constanze - Der ideale Haushalt
Werbung mit knallrotem Schalensessel
bright red shell chair




schräge Schrankbeine - diagonal furniture legs




1957 Film und Frau/Architektur
Werbung
schräge Schrankbeine - diagonal furniture legs




1960 Crailsheimer Wohnzimmer
Moderne Schrankformen und behäbiges Polstermöbeldesign


1960


"Die Ära des Nierentisches ging zu Ende,
 aber die Sitzmöbel und der verstellbare Couchtisch 
bringen noch kein Bein senkrecht auf den Boden.
Die schrägen Beine mimen Zierlichkeit.
Man schätzte zartgetönte Wandanstriche, 
gefältete Lampenschirme und an den Wänden kolorierte Blumenstiche.
Noch längst nicht jeder wußte, wie man das neue Holz 'Teak' aussprechen solle.
Daß Kunststoff in der Wohnung verwendet werden könnte,
bezweifelte man noch mit Verve:
Kunststoff sei kalt und unwohnlich -
jedenfalls als Baustoff für Möbel oder als Belag für deren Oberfläche.
Man hält es lieber mit dem warm wirkenden Holz."

(In: Schöner Wohnen 1970)

"1960 - The era of the kidney-shaped table came to an end, 
but the seating furniture and the coffee table still do not bring a leg straight to the floor.
Delicate wall paintings, pleated lamp shades,
 and floral prints on the walls were appreciated.
Not everyone knew how to pronounce the new wood 'teak'.
That plastic could be used in interior design
one still doubted with verve:
Plastic was seen as cold and uncomfortable -
at least as a material for furniture or as a surface covering.
One still prefered the warm-looking wood."




1960 Crailsheimer Sofa - konservative Form
traditional design




1960 Crailsheimer Sofa - moderne Form
modern design





1962 Quelle Katalog

Schalensessel, Anbaumöbel in hellem Holz


Fritz Altmann Wohnzimmer
Sessel in rot, blau, gelb, Couchtisch mit Kachelmuster, TV



1959 Werbung Philips


Fernseher

 

Im Dezember 1952 wurde das erste Nachkriegsfernsehprogramm für ca. 1000 Haushalte mit TV ausgestrahlt.
Im Herbst 1957 waren es über eine Million Haushalte,
1964 schon 9 Mio., d.h. 55 % aller Familien sahen fern.

Die Einführung des Fernsehens war eine Art Revolution in der Wohnzimmergestaltung und veränderte das gesamte Wohnerlebnis in diesem Raum. Die zentral gestellte Couchecke musste aufgelöst werden. Das Fernsehen wurde der dominierende Einrichtungsgegenstand.

(In: Alphons Silbermann: Neues vom Wohnen der Deutschen (West). Köln 1991)


 TV
In December 1952, the first post-war television program for approximately 1000 households in West-Germany was broadcast.
By the autumn of 1957, there were over a million households

and already 9 million in 1964, i. 55% of all families watched television.
The introduction of television was a kind of revolution in living room design, changing the overall living experience in the room. The television set became the most dominant piece of furniture.


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DDR    East-Germany




1959 Kultur im Heim


Dregeno "Nagel"-Sessel



Paul-Hübsch-Sessel mit ungewöhnlicher Armlehne
Armchairs by Paul Hübsch with unusual arm rest


1957 Kultur im Heim
Liege, Gummibaum und Sessel mit ungewöhnlicher Armlehne
Armchairs with a simialr unusual arm rest

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1962 BRD Werbung

Schlichtes Design ohne Schnörkel - 
nur die Maserung des Holzes setzte Akzente. 
Besonders Nussbaum und Teakholz wurde gern gewählt. 
Dazu halbhohe Vitrinen und Bücherschränke und leichte Holzsessel mit losen Sitzpolster - 
diese praktische, filigrane Einrichtung im Stil des Dänischen Designs 
steht für die "moderne Einrichtung" der Sechziger.
A simple and artless design - only the grain of the wood set accents.
Especially walnut and teak were popular.
 
Combined with half-height cabinets and light wooden armchairs with loose upholstery - 
that practical, filigree design in the style of Danish design 
stands for the "modern interior" of the sixties.



1963
Einrichtungsübungen mit Bodo-Hennig-Puppenmöbeln in der Frauenzeitschrift "Constanze"
Furnishing experiments with Bodo Hennig doll furniture in the women's magazine "Constanze"


Geradliniges Sofadesign. Gerade Metallbeine




1962 Quelle Katalog
Sofagarnitur mit Metallbeinen
couch garnish with straight metal legs



1961
"Teak"-Anbaumöbel von Bodo Hennig mit geraden Schrankbeinen
"Teak" furniture by Bodo Hennig with straight cabinet legs

Die "schnörkellosen" Sechziger Jahre haben begonnen.
The sixties were called "The swinging sixties" -
but the design is straightforward and has abandoned the swinging 50s line completely.

 

Teil 5    1963 bis 1966

Der Wohnungsnotstand ist vorbei

Part 5   1963 to 1966

The housing crisis is over


Privatfoto

Anfang der sechziger Jahre war die Zeit des Wohnnotstands weitgehend überwunden.
Dreiviertel der Menschen in der  BRD hatten ein separates Wohnzimmer.

Welche Möbelstücke fehlten ihnen noch in ihrem Wohnzimmer?
 Viele Westdeutsche wünschten sich eine Musiktruhe und ein Fernsehgerät.
Auch ein Teewagen und Teppichboden standen auf ihrer Wunschliste.
Blumentische, Kommoden, freiliegende Teppiche und Sessel hatten die meisten dagegen schon.
Reichlich vorhanden waren überall auch Bilder, Schränke, Sofas, Gardinen, Stühle und Tische.

69 % benutzten ihren Hauptraum für alle möglichen Tätigkeiten und nur 7 % als gute Stube. Das  beweist, dass die gute Stube sich zu eine Multifunktionsraum entwickelt hatte.

Der Trend ging zur Privatisierung, d.h. der überwiegende Teil der Freizeit wurde in der Wohnung verbracht. Auch eine Tendenz zur Geselligkeit.
"Besuche von Freunden, Bekannten und Verwandten fanden häufig und regelmäßig statt, 
und auch die Kinder durften mehrheitlich Besuch empfangen. Wo kein Kinderzimmer da war, wurde dann im Wohnzimmer oder in der Küche gespielt." (S. 15)

"Vom Wohnen der Deutschen : eine soziologische Studie über das Wohnerlebnis" von Alphons Silbermann, Köln 1963



1963 Quelle Versandhaus
Wohnzimmer mit Drehsessel
Living room with swiveling armchair



1963 Crailsheimer
Wohnzimmer mit Drehsessel
Living room with swiveling armchair 




"Was ist gemütlich?"   


1965 Schöner Wohnen    

Gemütlich ist ein bequemer Sessel.


"In meinem Sessel bin ich König!
Die gute alte Zeit ist wieder da:
Großvaters Lehnsessel ist unser Symbol für Wohlstand und Wohlbefinden geworden.

Und nicht etwa wir 'müden Europäer' haben das neue Wohngefühl entdeckt.
Es waren die Amerikaner, die den Ohrensessel wieder zu Ehren brachten.
Sie brauchen ihn wohl auch am ehesten - 
als einen Ausgleich für Stress und Money-making.

Doch auch wir Europäer müssen unsere Mußestunden jeden Tag sauer verdienen.
Auch wir fordern abends unser gutes Recht auf Filzpantoffeln und Fernsehsessel."


Bequeme Sessel - Comfortable armchairs
1. Blumiges Modell von Knoll
1. Flowery model by Knoll

 1965
The cover story of a well-known interior magazin was
"What is cozy?"

A comfortable armchair is cozy.

"I'm king in my chair!
The good old days are back:
Grandfather's armchair has become our symbol of prosperity and well-being.
And not we 'tired Europeans' have discovered the new sense of living.
It was the Americans who restored the wingback chair.
They probably need it most urgently - as a balance for stress and money-making.
But we Europeans also have to earn our leisure hours sour every day.

We also demand our right to felt slippers and TV chairs in the evening
 


Blumiges Modell von  Bodo Hennig 1965
(Ohrensessel links)
Flowery model by Bodo Hennig 1965
Ears armchair on the left



1966 Modella

Drehsessel mit Pilzfuß
Swivel chair with mushroom base 
 

1965 Schöner Wohnen, Drehsessel mit Pilzfuß
Swivel chair with mushroom base



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DDR



Die neuen Typengundlagen P2.2 für die Plattenbauweise 5MP  (...) 
 Die gesamte Nutzfläche einer funktionstüchtigen Dreiraumwohnung mit hohem Ausbaugrad (Einbauküche, Einbauschränke, Zentralheizung usw.) liegt bei 50 m2.
Zu einer solchen Dreiraumwohnung gehören ein zur Hausfront längs angeordnetes
Wohnzimmer mit gesondertem Essplatz in der Nähe der Durchreiche 
zur Küche sowie mit der bequemen Sitzgruppe. 

The new types P2.2 for the panel construction 5MP (...)
 The total floor space of a functional three-room apartment with high level of expansion (fitted kitchen, fitted wardrobes, central heating, etc.) is 50 m2.
Such a three-room apartment includes a living room with separate dining area near the service hatch to the kitchen and with a comfortable seating area.


Lewitzky, Hans: Meine Wohnung. 3. neu bearb. Aufl. Berlin: VEB Verlag für Bauwesen,1966

Sammlung Gronau

Puppenmöbel EMS


Regale von Hermann Rülke


Lewitzky, Hans: Meine Wohnung. 1966




1966 VERO


Lewitzky, Hans: Meine Wohnung. 1966

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1965 Bodo Hennig


1966 Bodo Hennig


At the beginning of the sixties, the housing crisis was largely overcome.
Three-quarters of the people in West Germany had a separate living room.


Which pieces of furniture they were missing in their living rooms?
 Many West Germans wanted a radio gram and a TV.
Also a tea cart and carpeting were on their wish list.
Most of them already had flower tables, 
chests of drawers, carpets and armchairs.
There were also plenty of pictures, cabinets, sofas, 
curtains, chairs and tables in most living rooms.

69% used their main room for all sorts of activities and only 7% as a "best room". 
This proves that the parlor had become a multifunctional space.
The majority of the free time was spent in the apartment. 

"Visits of friends, acquaintances and relatives took place frequently and regularly, 
and the children were also allowed to receive visitors, and where there was no nursery,
 they played in the living room or in the kitchen."

"Vom Wohnen der Deutschen : eine soziologische Studie über das Wohnerlebnis" von Alphons Silbermann, Köln 1963

 

 

Teil 6    1966 bis 1969

Zwischen neuer Romantik und Pop Art

Part 6   1966 to 1969
 Between new romance and pop art



1967 Crailsheimer

 Möbel mit Gemüt*

"Die technische und kulturelle Entwicklung in unserem Jahrhundert hat das menschliche Gemüt unbefriedigt gelassen. 
Abstrakte Gemälde und atonale Sinfonien, Computerzahlen und Mondfotos, Häuser aus Beton und Möbel aus Kunststoff -
das sind nicht die Zauberformeln, die das Gefühl aus der eisigen Umklammerung programmierter Lebensnotwendigkeit lösen und das Gemüt heiter stimmen  -
so meinen viele."



um 1967 Möbelprospekt

"Etwa jeder Dritte, der heute Möbel kauft, entscheidet sich für Modelle, deren Formen und Verzierungen vergangenen Stilepochen entstammen."

Furniture with soul *
"The technical and cultural evolution of our century has left the human mind unsatisfied: abstract paintings and atonal symphonies, computer numbers and moon photos, concrete houses and plastic furniture -
these are not the magic formulas that release the feeling of the icy embrace of programmed necessities of life and cheer the mind -
many think so. "


1967 Crailsheimer - Möbel noch 1972 verkauft



1966 Fackel Katalog




1968/69 Neckermann



Tapeten sind nicht nur zum Wechseln da. Von Johann Klöcker.**

Was in aller Welt macht die Blümchen so stark?
Eben noch hatte Rasch mit seiner revolutionären Bauhauskollektion die Welt der Tapete erobert und der ornamentlosen, unifarbenen, höchstens dezent strukturieren Wand einen gewaltigen Sieg errungen, da sproßten schon wieder die Blümchen.
Sie hatten eigentlich nie aufgehört zu sprossen und, wie rings um Marmorblöcke, bedeckten und bedecken sie alles Verbraucherland, das nicht dem Bauhaus-, Knoll- und ulm-Stil vorbehalten ist.


Die neue Romantik
Schöner Wohnen 1967, Heft 6

Wallpapers are not just for changing. By Johann Klöcker. **
 "What on earth makes the flowers so strong?
Rasch had just conquered the world of wallpaper with his revolutionary Bauhaus collection, and had won a tremendous victory with the unadorned, plain-colored, at most subtly structured wall, when the flowers were sprouting again.
They had never stopped sprouting and they covered and covered all consumer land that is not reserved for the Bauhaus, Knoll and ulm styles."



1968 Hermann Rülke



1966 Hermann Rülke


Ein neuer Trend waren auch die immer größeren Wohnzimmerschränke.
Sie standen nun nicht mehr auf leichten - schrägen - Beinen, sondern auf einem schweren Sockel.
Sie wirkten massiv und beherrschten den Raum.
Sie waren unpraktisch, da fest zusammengefügt und unveränderbar.


1967 Hermann Rülke Puppenmöbelkarton

Another trend was the very large living room cabinet.
It no longer stood on light - sloping - legs, but on a heavy pedestal.
It was massive and dominated the room.
And very impractical, as firmly joined and unchangeable.





1967 Hermann Rülke

Diese wuchtigen Drehsessel passten gut zum massiven Schrank.
Sie ersetzten die klassische Couchgarnitur.

1969 df Hauptkatalog - DDR


Paul Hübsch

Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Möbel der 60er-Jahre mit ihren warmen
Farben und viel Holz eine Wohnlichkeit ins Haus bringen ohne allzu «gemütlich» zu wirken.
Sie sind klar und einfach in Farbe und Formensprache.



In summary, it can be said that the furniture of the 60s with their warm colors and a lot of wood brought a homeliness into the house without being too "cozy".
It was clear and simple in color and design language.



 Hermann Rülke 1968
East-Germany



Fritz Altmann 1968
West-Germany 


Am Ende des Jahrzehnts kündigt sich in der Politik und im Design eine neue Ära an.
Es wird provozierend bunt und Plastik wird schnell zum Synonym für Modernes Wohnen.
 At the end of the decade, politics and design change.
It gets provocatively colorful and plastic is the new material for modern living.




Das 1968er Bodo-Hennig-Wohnzimmer zeigt erneut, wie modern die Puppenhausmöbel aus diesem Unternehmen waren. Die Farbe Orange wurde gerade entdeckt, da verwendet Hennig sie schon für die Tapete und die Polstermöbel. Die Metall/Plastik-Stehlampe kam 1969 ins Programm, die passende Tischlampe 1972. Aber schon vorher waren die Holz/Stoff-Stehlampen mit einem orangem Schirm ausgestattet.

Das Design der Sessel ist wohl
Florence Knolls Lounge Chair
nachempfunden, den sie bereits 1954 vorstellte.

The 1968 living room shows again how modern the dollhouse furniture made by Bodo Hennig was. The color orange has just become stylish and already Hennig chooses it for the wallpaper and upholstered furniture. The metal / plastic floor lamp is of 1969, the matching table lamp of 1972. 

The design of the armchair looks exactly like
Florence Knoll's Lounge Chair of 1954.



Miniatur Op-Art





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Zitate
* Schöner Wohnen 1968 Heft 2, Artikel: Möbel mit Gemüt 
**Zeitgemäße Form. Industrial design international. München 1967


Teil 7   Die Siebziger Jahre

 ---------------------------- Orange und Apfelgrün -------------------------


Part 7  The Seventies

 Orange and apple green




Das "Wohnzimmer" einer jungen Frau.
1970 - The living room of a young woman.



"Dieses Ein-Zimmer-Apartement eines jungen Mädchens zeigt typische Merkmale unserer Zeit. 
Die Farben werden unbefangener 'eingesetzt', nicht mehr so stark ausgedünnt wie vor zehn Jahren. Laute, willkürliche Mosaikmuster sind verbannt - aber man verklebt eine vertikal gestreifte Tapete auch schon einmal schräg. Man wohnt auf zwei Ebenen: der Altan ist als raumbelebendes Podest wiederentdeckt. Nach Teak und Eiche und Palisander ist 'die weiße Welle' über die Wohnungen hereingebrochen: man schätzt die neutralen Flächen (nun auch in Kunststoff...), weil sie Freiheit für Farbspiele an anderen Plätzen im Raum geben. Statt lieblicher Blumenbilder liebt man mehr die freche, unkomplizierte Mischung aus Pop und Folklore (Favoriten: Gipsvögel aus Mexiko)."

Wohnzeitschrift "Schöner Wohnen" 1970


Dem Sessel aus Kunststoff begegnen wir auch in der Puppenstubenwelt dieser Zeit:
The armchair seen in the young woman's apartment we also detect in a dollhouse of that time:



 1971 Crailsheimer-Wohnzimmer im Maßstab 1:6 für kleine Modepuppen
Scale for small fashion dolls




1972
Maßstab/Scale 1:12





1972 Modella Wohnzimmer, ebenfalls mit Sesseln im Stil von Dieter Rams


 

1971, Farbige Wohnfibel

Die "Siebziger" beginnen schon Mitte der "Sechziger".
Geometrische, abstrakte, großflächige, bunte Popart-Muster sah man auf Kleidern, Tapeten, Teppichen und Sofabezügen.
Orange, Apfelgrün, Gelb und Braun dominieren in der Wohnung bis in die Mitte der Siebziger -
bis Ende der Siebziger nur die Brauntöne übrig bleiben.

The "seventies" start already in the middle of the "sixties".
Geometrical, abstract, large-scale, colourful Popart patterns were seen on dresses, wallpaper, carpets and sofa covers.
The colours orange, apple green, yellow and brown dominate in interior design until the mid-seventies. At the end of the seventies only one colour survives: brown.



EAST-GERMAN design
New material for furniture: plastic
New modular furniture system called MDW

Auch in der DDR ist "Plaste" auf dem Weg in die Wohnungen und die Puppenstuben.

Im Kombinat Holzspielwaren VERO Olbernhau, 1972 aus dem (teilweise erzwungenen) Zusammenschluss verschiedener Spielwarenbetriebe in der DDR entstanden, wurden trotz des traditionellen Schwerpunkts von Holzspielzeug immer mehr Kunststoffpuppenmöbel hergestellt.


1970 Fa. Hermann Rülke (ab 1972 VERO)

 Die neuen Möbel werden im Wohnzimmer auch neu gruppiert:

"Zu den neuen, leichten Polstermöbeln mit einem tiefen, leicht nach hinten geneigten Sitz werden vielfach mehrere kleine niedrige Tische bevorzugt...
Man bildet also keine Gruppen mit einem Tisch als Mittelpunkt, sondern stellt ihn als Zusatztisch zwischen die beiden Sessel.
Die bequemste Form der Zusatztische ist das Quadrat.
Mit einigen Satztischen kann eine Sitzecke oftmals vervollkommnet werden."

(Lewitzky, Meine Wohnung, VEB Verlag für Bauwesen 1966)





1971 Montage-Möbelprogramm MDW
Hersteller VEB Möbelkombinat Deutsche Werkstätten Hellerau, Dresden
 Gestalter Rudolf Horn

1967 beginnt auch in der DDR die Herstellung von an- und ausbaufähigen Möbeln, die ja in der Formalismus-Debatte verboten worden waren.
Die MDW-Reihe wird ein großer Erfolg, obwohl sie in der Anschaffung auch teuer war. Die KäuferInnen konnten (je nach momentanem Angebot) selbst entscheiden, wie ihre Traumschrankwand aussehen sollte, mussten sie allerdings auch selber aufbauen.Bis zum Fall der Mauer war das System erhältlich.




1979 MDW80


Auch in der Spielwarenindustrie wurde das System kopiert:



1971 PEBE Montagemöbel, Paul Bernhardt, Bad Kösen
Puppenmöbel zum Selbstbauen aus vorgefertigten Einzelteilen.
Orange und Grün - Orange and Green





1971 Hermann Rülke - Drehsessel




1972 VERO




1973 Hermann Rülke - Orange und Apfelgrün
 Orange and apple green




BRD - West-Germany




1972 Modella

Wilde Farbzusammenstellungen und Muster sind typisch für diese Zeit.
Der zunehmende Einsatz von Kunststoffen ermöglicht 
die Herstellung leichter, farbenfreudiger Möbel und Objekte, 
die oft das Space-Design der Sechziger weiterführen.



1971 Farbige Wohnfibel

Wild color combinations and patterns are typical for this time.
The increasing use of plastics enables the production of light, 
colorful furniture and objects that often continue the space design of the sixties.



Bodo Hennig 1972




1972 Bodo Hennig Sessel vollständig aus Schaumstoff


1974 Bodo Hennig Teppich



Bodo Hennig
1972 Mit Schaumstoff beflockte Kunststoffsessel





1975 Quelle Katalog

Der Trend zu großen Schrankwänden, 
der schon Ende der Sechziger begonnen hatte, setzt sich fort.
The trend towards large closet walls, which began in the late sixties, is continuing.


 1974 Bodo Hennig, grüne Sofa und Sessel, Schrankwand seit 1972


 

1971 Werbung in der Zeitschrift "Schöner Wohnen"

Aber Mobilität ist gefragt -
auch die großen Schrankwände müssen sich 
individuell zusammenstellen und verändern können.




 1974 Modella Wohnzimmer im
"Combibox"-System


Neben Orange war auch Apfelgrün oder ein gedeckteres Grün eine der Lieblingsfarben dieser Epoche. Bei der Auswahl der Telefonfarbe wählten viele das grüne Modell.
In addition to orange, apple green or a more subdued green was one of the favorite colors of this era. When choosing the phone color, many favoured the green model.




1976 Das Haus

Tapetenwechsel braucht der Mensch
Everybody needs a change of wallpaper.



1975 VERO Wohnzimmer in orange und grün
Die Schrankwand ist aber wieder aus Holz und nicht mehr aus Kunststoff.
The wall unit is made of wood again. The armchairs are still made of plastic. 


Nicht alle Neuerungen wurden gut angenommen. Als Mitte der 60er Teppichboden und Kunststoffmöbel modern wurden, rückten die Teppichböden schnell nach oben auf die Liste der Anschaffungswünsche. Möbel aus Kunststoff wurden aber nicht sehr populär.




1972 ist auch bei Lundby Orange die Lieblingsfarbe im Wohnzimmer.
In 1972 is orange the ruling colour in the living room.



Wie der 1979er Lundby Katalog zeigt, änderte sich der Stil gegen Ende des Jahrzehnts.
Dunklere und gedeckte Farben, klassische und traditionellere Wohnstile wurden bevorzugt.





1974 Kontinent Möbelprospekt


1976 grüne Couch-Anbau-Elemente von Bodo Hennig
Modular seating elements by Bodo Hennig



1979 gibt es die Couch-Anbau-Elemente in der Farbe Braun.
1979 the colour of the seating elements changes to brown.


Das Ende der 70er:
wieder mehr "Stilmöbel" bzw. Biedermeierschränke, 
Bauernmöbel und Großmutters Möbel vom Trödel werden abgebeizt.
Wer es funktioneller mag, geht nach IKEA, 
sucht sich seine Einrichtung aus, bringt die Pakete nach Hause
 und schraubt die Elemente selbst zusammen.

 
1977 IKEA-Katalog

The end of the 70s:
again more "period furniture" or Biedermeier cabinets,
 rustic furniture and grandmother's furniture from the junk are found in many living rooms.
If you like it more functionally, go to IKEA, 
pick out your favourite furniture pieces, 
bring the packages home and screw the elements together yourself.




1981 Burda, Eine Schrankwand wird zersägt
The good idea for the living room:
A wall-unit is sawn up.


Anfang der Achtziger haben die wuchtigen Schrankwände ausgedient.
At the end of the eighties big massive wall units for the livingroom are not longer modern.