1964 bot die Zeitschrift Brigitte ein Puppenhaus zum Selberbauen an.
"Ganz modern, mit allem Komfort, im Brigitte-Stil" sollte es sein.
Vätern wurden Grundriss und Anleitung auf Wunsch zugeschickt.
Mütter erhielten Tipps zur Einrichtung.
Bungalows waren in den 1950er/1960er Jahren sehr beliebt.
(Text: Altonaer Museum)
In 1964, the magazine Brigitte offered a doll's house to build yourself.
It was to be "completely modern, with all the comforts, in Brigitte style".
Fathers were sent a floor plan and instructions on request.
Mothers received tips on furnishing.
Bungalows were very popular in the 1950s/1960s.
"So ein Puppen-Haushalt ist mit einem Blick zu übersehen:
Eine durchgehende Wand mit eingebauten Schränken trennt die Wohnräume von den Wirtschaftsräumen.
Zum Spielen ist das Dach abgenommen.
Nach dem Spielen wird es lose aufgelegt -
damit die Hauseigentümerin nicht all zu viel Staub zu putzen braucht."
1964 "Brigitte" Heft 22
"Katja wünscht sich, wie beinah alle kleinen Mädchen, zu Weihnachten ein Puppenhaus.
Wie es aussehen soll, weiß sie noch nicht so recht.
Aber eins steht fest:
In ihrem Haus soll alles genauso sein wie bei den großen Leuten.
Ein Wohnzimmer muss drin sein mit Sofa und Sesseln und Lampen,
die man an- und ausknipsen kann, ein Schlafzimmer mit einem großen Bett
und natürlich auch eine Küche, damit die Puppenhausfrau Essen kochen kann.
Ob der Vater wohl weiß, wie man so ein Puppenhaus baut?
Für 50 Pfennig schicken wir ihm einen Grundriss mit ausführlicher Anleitung.
Und der Mutter zeigen wir hier im Brigitte-Puppen-Wohnteil,
wie hübsch man ein Puppenhaus einrichten kann.
(Nachahmungen sind gestattet.)
Unser Puppenhaus ist ein Zehntel so groß wie ein Menschenhaus:
es ist 1,10 mal 1,30 Meter groß und hat eine Deckenhöhe von 25 Zentimetern.
Zu groß? Katja ist sicher auch mit der Hälfte
(Küche und Wohnzimmer oder Wohnzimmer und Schlafraum) zufrieden.
Und auch die Einrichtung muss nicht gleich komplett sein.
Dann bleibt für nächstes Weihnachten noch was zu wünschen übrig."
1964 "Brigitte" Heft 22
Katja, like almost all little girls, wants a doll's house for Christmas.
She doesn't quite know what it should look like yet.
But one thing is certain:
Everything in her house should be just like in the big people's houses.
There has to be a living room with a sofa and armchairs and
lamps that can be switched on and off, a bedroom with a big bed...
and of course a kitchen, so that the doll's house wife can cook.
I wonder if the father knows how to build such a doll's house?
For 50 pfennigs we send him a floor plan with detailed instructions.
And we'll show mother here
how beautifully you can furnish a doll's house.
(Imitations are allowed.)
Our doll's house is one tenth the size of a human house:
it is 1.10 by 1.30 metres and has a ceiling height of 25 centimetres.
Too big? Katja is surely also happy with the half of it
(kitchen and living room or living room and bedroom).
And the furnishings don't have to be complete either.
Then there's still something left to be desired for next Christmas.
"Von der Terrasse aus kann man den Raum gut überblicken.
Sie sehen, es fehlt den Puppen nichts, was große Leute sich wünschen.
Es gibt einen Kamin, eine Sitzgruppe, Glastisch, Bücherborde, eine Schrankwand voller Geschirr."
From the terrace, you can get a good view of the room.
As you can see, the dolls lack nothing that big people want.
There is a fireplace, a seating area, glass table, bookshelves,
a wall of cupboards full of crockery.
1964 "Brigitte" Heft 22
Die Schrankwand, die Küche und Wohnraum trennt,
ist von beiden Seiten zu benutzen.
Tassen, Teller und Gläschen gibt's in jedem Spielzeuggeschäft.
The wall unit that separates the kitchen from the living room,
can be used from both sides.
Cups, plates and glasses can be found in any toy shop.
Die Bilderwand besteht aus Ausschnitten aus Kunstpostkarten, hinter Glas geklebt.
The picture wall of cut-outs from art postcards, glued behind glass.
"Die Küche
Hier gibt's Platz für einen großen Esstisch mit vier Stühlen drumherum.
Anbauschränke, Herd, Kühlschrank und Stühlchen sind fertig gekauft.
Nur die bunten Türen und Stuhlsitze wurden weiß überlackiert.
Rechts neben dem Esstisch kleben eine Reihe kleiner Kästchen
als Abstellborde an der Wand.
Eine Jalousie ersetzt die Küchengardinen.
Sie wird aus einem Stück Stäbchenmatte gemacht,
aus dem man jedes zweite Stäbchen herauszieht.
Die niedlichen Kupfertöpfchen an der Wand, Teller, Tassen
und sogar einen Napfkuchen gibt es im Spielzeuggeschäft."
1964 "Brigitte" Heft 22
The kitchen
There's room for a large dining table with four chairs around it.
Cupboards, cooker, fridge and chairs are bought ready-made.
Only the colourful cabinet doors and chair seats were painted white.
To the right of the dining table,
a row of small boxes are stuck to the wall as shelves.
A blind replaces the kitchen curtains.
It is made from a piece of stick mat,
from which you pull out every other stick.
The cute little copper pots on the wall, plates, cups
and even a bowl cake are available in toy shops.
Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)
Schlaf- und Wohnzimmer sind beide in Blau-Grau gehalten und
durch eine Schiebetür und einen durchgehenden Teppichboden aus Möbelvelours verbunden.
"Auch die Schrankwand setzt sich ins Schlafzimmer fort,
wo sie für die Puppengarderobe gebraucht wird.
Wie Mutter das elegante französische Bett nebst Kommödchen
aus Streichholzschachteln machen kann," wird in dem Artikel auch beschrieben.
The bedroom and living room are both decorated in blue-grey and are
connected by a sliding door and a continuous carpet of furniture velour.
The wall unit also continues into the bedroom,
where it is used for the doll's wardrobe.
How mother can make the elegant French bed and dresser, made of matchboxes,
is also described in the article.
1964 "Brigitte" Heft 22
Der Küchentisch aus Pappröhre mit Sperrholz-Tischplatte wird zum Schluss weiß gestrichen.
Die Puppen-Kommode ist vier Streichholzschachteln hoch.
Das Bett aus Sperrholz wird mit Seide beklebt und mit 2 cm starker Schaumstoffauflage belegt.
1964 "Brigitte" Heft 22
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Das Brigitte-Puppenhaus wurde danach an das Altonaer Museum verschenkt,
wo Gerd Sommerlade es fotografierte.
Es ist eindeutig dasselbe Haus, viele Accessoires finden sich wieder
und im Wohnzimmer hängen noch einige der Bilder aus dem Artikel an der Wand.
Vielen Dank für das Teilen der Bilder!
Gerd Sommerlade
Der Eingang - The entrance
Gerd Sommerlade
Puppenhaus der Zeitschrift "Brigitte"
1964
Holz, Holzwerkstoff
The Brigitte doll's house was then given to the Altona Museum,
where Gerd Sommerlade took these photos.
It is clearly the same house, many of the accessories can be found again.
And some of the wall pictures seen in the article are still hanging on the wall in the living room.
Thank you for sharing the pictures, Gerd!
Gerd Sommerlade
Auf dem Küchenfoto kann man die Bodo-Hennig-Küchenmöbel erkennen.
Die Pastellfarben wurden weiß überstrichen, genauso wie die Küchenstühle von Hennig.
Im Bad mit Kibri-WC und Kibri-Boiler steht eine Crailsheimer-Waschmaschine.
In the kitchen photo you can see the Bodo Hennig kitchen furniture.
The pastel colours were painted over in white, just like the kitchen chairs from Hennig.
In the bathroom with Kibri toilet and Kibri boiler is a Crailsheimer washing machine.
Gerd Sommerlade
Die Rückseite - The back
Gerd Sommerlade
Aus einer Mail von Gerd Sommerlade:
"Die Inventarmarke deutet darauf hin, dass das Haus direkt 1964 ins Museum ging.
Als echter Design-Entwurf hat es auch eine Berechtigung,
direkt in eine Sammlung zu gehen
und das Museum Altona ist für seine Puppenhaus-Sammlung bekannt
(einige Stücke sind in "Das Puppenhaus" von Leonie von Wilckens zu sehen).
Die Ausstellung hieß „Schöner Wohnen in Altona“
und das Haus war dort unter 50er Jahre:
Constanze-Wettbewerb für Lurup
(Lurup ist ein Stadtteil in HH-Altona) zu sehen."
Foto ebenfalls: Gerd Sommerlade - Im Altonaer Museum
Während wir uns telefonisch über dieses wunderschöne Design-Objekt austauschten,
wies Gerd auch darauf hin, dass dem Haus seine Design-Herkunft klar anzusehen ist.
Es ist eindeutig weniger für Kinder und fürs kindliche Spiel entworfen,
der Modell-Charakter steht deutlich im Vordergrund.
Auch die zurückhaltende blau-weiß-dunkle elegante Farbgebung ist nicht kindgerecht
sondern Rolf Heides Vorstellung von moderner Wohnkultur.
While Gerd and I were talking on the phone about this beautiful design object,
he also pointed out that the house shows its design origins.
It is clearly not designed for children and for play,
the model character is much more important for the designer.
For example, the restrained blue-white-dark colour scheme is not suitable for children,
but Rolf Heide's idea of modern design.
Foto: Gerd Sommerlade - Im Altonaer Museum
Noch mehr Infos von Gerd Sommerlade:
"Das Haus hat Rolf
Heide https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_Heide entworfen.
Er hatte damals einen Beratervertrag im Wohnressort bei BRIGITTE.
Angefertigt wurde das
Haus mit Sicherheit im Atelier der BRIGITTE.
Dort gab es auch einen fest
angestellten Handwerker.
Da kein Fotograf
genannt ist, müssten die Fotos von Ortwin Möller sein.
Er war der fest
angestellte Fotograf und hat die Wohnthemen und auch Foodthemen fotografiert.
In den Neunziger
Jahren habe ich selbst noch mit Ortwin Möller gearbeitet.
Renate Boele war die
Ressortleiterin des Wohnressorts.
Nach ihrer Eheschließung trug sie den Namen
Herzog.
Rolf Heide wie auch Renate Herzog sind leider inzwischen verstorben.
Das Haus müsste im
Frühjahr/Sommer 1964 entstanden sein,
da es in Heft 22/64 erschienen ist und
die Fototermine i. d. Regel
mindestens drei Monate vor dem Erscheinungstermin
sind.
Nach dem Shooting werden Anleitungen und Texte, passend zum Layout,
verfasst und die Objekte, in diesem Fall besagtes Puppenhaus,
verbleiben bis
zum Erscheinungstermin in der Redaktion.
Dazu passt dass von Ihnen angegebene
Datum 05. November 1964.
Nach Erscheinen wurde das Haus somit direkt dem Museum
angeboten.
Der besondere Reiz des
Hauses sind,
neben dem sichtbaren Architektenentwurf,
die professionellen Fotos
des Hauses.
Besonders das Licht- und Schattenspiel bei der Aufnahme des
Schlafzimmers,
bei der bewusst der Stubenwagen in den Vordergrund geschoben
wurde
oder die Aufnahme des Wohnraumes von der Terrasse aus
mit der Pflanze am
rechten Bildrand.
In einen Interview in
der A & W 5/97 ist folgende Aussage
von Rolf Heide zu den sechziger Jahren
zu finden:
"…die bunte Plastikwelt des Pop-Zeitalters sieht Rolf Heide als
reine Modeerscheinung-
sie läßt ihn kalt und hat die Zeit auch nicht
überdauert.
Stilbildend wirkt der Chefdesigner der Firma Braun,
Dieter Rams, im
Produkt- und Möbeldesign mit seiner
„Weniger Design ist mehr“-
Philosophie…".
Ich finde, das sieht
man dem Haus auch an:
Mies van der Rohe trifft bei BRIGITTE auf Dieter Rams.
Wobei Lilly Reich bei Rolf Heide Hannelore Dohren hieß.
Denn Letztere war für
das Zubehör zuständig
und hat dem Haus einen femininen Touch verpasst."
Quellen und Infos
- 1964 "Brigitte" Heft 22, einschließlich Arbeitsbogen
- Fotos des Puppenhauses von Gerd Sommerlade (ehemals Redakteur bei "Brigitte", im Ressort Kreativ und dort auch zuständig für Tipps & Trends und Design) von einer Ausstellung 2018/19 im Altonaer Museum
- gerdsommerlade.de
- Altonaer Museum, Inv.-Nr. 1964-507-DI
- Entwurf des Puppenhauses: Rolf Heide https://de.wikipedia.org/wiki/Rolf_Heide bekannt für den Entwurf des Designklassikers "Stapelliege"
- Zubehör: Hannelore Dohren
- Die fertigen Einrichtungsstände kaufte das Brigitte-Team im Kinderparadies und bei Spielzeug Rasch in Hamburg
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